Neue Medien und Sprache
Heutzutage bieten Computerprogramme das Vorlesen von Märchen, die Förderung sprachlicher Kompetenzen und das Erlernen von Fremdsprachen an. Funktioniert das auch?
Wie der Artikel aus „Psychologie Heute“ zeigt, können nun auch schon Computerprogramme unseren Kindern Märchen vorlesen. Dabei haben sich Saarbrückner Studenten viel Mühe gegeben, dass das Computerprogramm die Charaktere im Märchen erkennt und ihnen entsprechend ihre Stimme sowie Betonung und Sprechweise zuordnet.
Aus logopädischer Sicht ich davon trotzdem strickt abzuraten, da beim Vorlesen nicht nur Sprache, Stimme und Sprechen gehört werden sondern noch einiges mehr hinzukommt, dass die kindliche Sprach- und Sprechentwicklung fördert.
So spielen für das Kind auch Lippen- und Zungenbewegung des Vorlesers sowie die gesamte Mimik und Gestik eine große Rolle für den kindlichen Sprach- und Sprecherwerb. Auch das gezielte Zeigen auf Bilder und das Vergleichen mit Dingen, die das Kind schon kennt oder selbst im Kinderzimmer hat, sind wichtig für die semantische Entwicklung (Kategorienbildung und Wortschatz).
Eltern sollten daher darauf achten, selbst vorzulesen und den Computer gar nicht erst für die Förderung der Sprache oder des Sprechens zu verwenden, denn Sprache kann nur durch Interaktion und Aktion erlernt werden, da können neue Medien wie Fernseher oder iPad nicht mithalten.
Auch das Erlernen von Fremdsprachen mittels Computerprogrammen lässt das Gehirn möglicherweise einige Wörter oder Floskeln erlernen, nachdem es sie hunderte Male gehört hat. Wer jedoch kennt es nicht, die auf Urlaub schon hundertmal gelesenen Floskeln des Reiseführers kurz vor seiner Anwendung, in einem Restaurant oder beim Fragen nach dem Weg zur nächsten Sehenswürdigkeit, dann doch wieder vergessen zu haben?
Wonach greifen die meisten Menschen also, wenn sie die Landessprache nicht beherrschen? Sie verwenden Mimik, Gestik oder die Weltsprache Englisch (die wir deshalb können, weil wir tagtäglich damit konfrontiert werden und sie auch im Urlaub oder im Beruf, oder heißt es „Job“?, AKTIV anwenden).
Deshalb reicht unserem Gehirn die alleinige visuelle und auditive Darbietung von Fremdwörtern am Computer nicht aus. Das Gehirn braucht für das Erlernen neuer Wörter nicht nur gehörte und gelesene Wörter, dass der Computer visuell und auditiv darbietet. Die Sprachverarbeitung im Gehirn ist mit mehreren Hirnregionen untereinander verbunden und kann neuerlernten sprachlichen Input am Besten durch die Beziehung zum Gegenüber (Interaktion), in welcher das Gesprochene passend zum Kontext (Situation) möglicherweise sogar in Begleitung einer gewissen Handlung (Aktion) gesprochen wird, aufnehmen, verarbeiten und abspeichern.
Deshalb können neue Medien und PC-Programme Sprachkurse und Sprachreisen nicht ersetzen !
Weiterführende Informationen erhalten Sie im Artikel von „Psychologie Heute“